Jetzt geht es um die Wurst. Aber nicht im metaphorischen Sinne, sondern ganz real. Und es geht nicht um einen von hunderten Grillwalkern, die es in Berlin an jeder Ecke gibt. Es geht um die Wurst beim und vom Thüringer.
Das Restaurant „Der Thüringer“ im Gebäude der Vertretung des Freistaates Thüringen beim Bund betreibt seit geraumer Zeit in der Mittagspause einen wunderbaren Holzkohlegrill vor seiner Tür. Egal ob im Sommer bei 30°C oder im eiskalten Dezember des letzten Jahres bei -10°C. Die sympatische Dame steht bei jedem Wetter dort und verkauft frisch gegrillte Rostbratwürste und Rostbrätl. Man kommt hier sogar mit thüringer Dialekt und mitteldeutscher Wortwahl weiter und muss beim ordern einer „Roster“ nicht unverrichteter Dinge und hungrig von dannen ziehen.
Dieser Tage wird man aber neben der netten Dame auch von einer Unterschriftenliste begrüßt. Doch diesmal geht es nicht um Abwasser, Pro Reli oder den Flughafen. Es geht ganz simpel und direkt „um die Wurst“. Denn wie schon bei Kindergärten, Sportplätzen und international bekannten Clubs des Berliner Nachtlebens schlägt auch am Grill an der Mohrenstraße das Breitschwert des mündigen Bürgers zu.
Eine ANWOHNERBESCHWERDE. (vielleicht auch zwei)
Dieser mir nicht bekannte Anwohner drängt nun darauf, dass der Grill verschwindet. Ein Grill, der meines Wissen nur werktags und nur in der Mittagspause aufgebaut wird. Und der den angrenzenden Bürokomplexen, Ministerien und Geschäften rund um die Friedrichstraße als willkommene Abwechslung zum Kantinen- und Food-Court-Essen dient. Dieser soll jetzt weg.
In mir kochte schon die Wut über das neue Lieblingshobby einiger Zeitgenossen: Dahin gehen (wohnen oder arbeiten), wo es schön ist und dann Stück für Stück das vorgefundene kaputtmeckern, wegverklagen und in-die-Versenkung-beschweren.
Glücklicherweise lassen sich die Thüringer nicht ihre gute Laune verderben und nutzen die Unterschriftensammlung zum Erhalt des Grills gleich noch, um beim Bezirksamt eine Sondergenehmigung zu beantragen. Mit dieser Sondergenehmigung wollen sie ihren Grill von der Häuserwand über die Straße bringen und ihn auf der wunderschönen Straßeninsel etablieren, die hier an der thüringer Vertretung von der Mohrenstraße umschlossen wird.
Egal wie, ich hoffe, der Grill bleibt erhalten. Wer in der Mittagspause mal wieder Lust auf eine Roster oder ein Rostbrätl hat, soll in die Mohrenstraße kommen und kann dann direkt für die Wurst unterschreiben.