Es ist herrlich in dieser toleranten Stadt zu leben. Überall entstehen kreative Ideen, weil an vielen Stellen weniger strenge Regeln gelten als andernorts. Die Kunst blüht, Straßenkaffees kommen und gehen und manchmal gibt es sogar Musiker in der U-Bahn, die meinen Tagesablauf wirklich positiv verändern.
Aber es ist leider nicht alles schön.
Kein Mensch kümmert sich um Parkverbote, niemand schert sich um die Hinterlassenschaften seines Hundes und mittlerweile ist Gewalt ein leider alltägliches Problem. Regeln der öffentlichen Ordnung, die unser tägliches Zusammenleben angenehmer machen, haben keinerlei Bedeutung. Die Nichtbeachtung wird aber auch so gut wie nie geahndet.
Fast niemand kehrt am Neujahrstag den Weg vor der Tür, wo er in der Nacht zuvor geböllert hat. Keiner denkt darüber nach, dass die Zigarettenstummel, die vom Balkon fliegen, sich auf dem Gehweg vorm Haus sichtbar ansammeln.
Und wer unmotivierte Aggression erleben will, muss nur mal am Samstagabend rund um den Bahnhof „Warschauer Straße“ unterwegs sein oder sich gegen Abend in die südliche Ringbahn setzen. Oder eben ganz einfach Pech haben, wenn man an der Friedrichstraße auf die U-Bahn wartet.
Woran liegt das?
Ja. Es liegt an der Polizei und den Ordnungsbehörden. Doch es ist nicht so, dass diese aus einem Akt der Arbeitsverweigerung heraus nicht wollen. Vielmehr liegt es daran, wie Polizisten in Berlin wahrgenommen werden und wie diese Wahrnehmung von den politisch Verantwortlichen untermauert wird. Kein Respekt vor den Bürgern in Uniform, kein Dank für ihre tägliche Arbeit und kein Fünkchen Anteilnahme an den täglichen Problemen der Menschen, die unsere Sicherheit garantieren sollen.
Der Berliner Polizei fehlt es an Geld, an Unterstützung und an einem Auftrag, der an den Bedürfnissen Berlins im Jahr 2011 orientiert ist. Den jährlichen Tiefpunkt des Polizeiansehens werden wir am kommenden Wochenende wieder erleben, wenn Heerscharen von Medien und Politikern den Ordnungskräften die generelle Schuld für die Gewalt rund um den ersten Mai zuschieben werden.
Doch solange sich an der Politik nichts ändert, wird sich auch auf den Straßen und in den U- und S-Bahnen nichts verändern. Und ich muss mich als Endzwanziger damit abfinden, dass ich auch in diesem Alter immer noch Opfer von unmotivierter Gewalt werden kann. Und sei es, weil ich einem anderen helfen wollte…