Dass sich die Parteien in Deutschland grundlegend ändern müssen, um ihren grundlegenden Bedeutungsverlust abzuwenden, ist keine Neuigkeit. Wie man da aber hingelangt, ist eine bislang unbeantwortete Frage. Die SPD versucht es gerade mit einer Revolution von oben und startet eine Parteireform. Dass solcher Aktionismus nicht zwangsläufig zum Erfolg führt, zeigen die letzten innerparteilichen Reformversuche.
Wir wollen also etwas ändern. Ok. Aber was? Dazu müssen erst einmal einige Probleme aufgezeigt werden, die es zu lösen gibt.
Meiner Meinung nach besteht ein wesentliches Problem darin, dass innerhalb der etablierten Parteien in Deutschland ein elementares Grundproblem vorherrscht. Ein zu großer Teil der vermeintlich politischen Arbeit wird von der Erhaltung der internen Strukturen buchstäblich aufgefressen.
Fast jedes Neumitglied ist schockiert, wenn der erste Kreisparteitag ansteht und ein Vorstand gewählt werden muss. Die Krönung solcher Halbtagsveranstaltungen ist dann nur noch die ganztägige oder sogar zweitägige Aufstellung von kandidatenintensiven Wahllisten zum Beispiel bei Landtags- oder Kommunalwahlen.
Kein normaler Mensch versteht, warum die meisten Menschen, die sich dort berufen fühlen, aufgestellt werden. Parteiinterner Proporz sowie das ewige Argument der Präsenz, die belohnt werden muss, erscheint dem Neumitglied – und dann auch dem Wähler auf der Straße – ebenso unverständlich wie abstoßend. Eine wesentliche Eigenschaft müssen viele der Kandidaten gar nicht mitbringen. Das wäre zum einen die grundsätzliche Fähigkeit, Menschen zu begeistern und zum anderen die Fähigkeit, sich für ein gesellschaftliches Thema politisch so zu begeistern, dass man nicht nur Probleme aufzeigen kann sondern auch in der Lage ist, funktionsfähige Lösungsvorschläge vorzuweisen.
Auch ist es zumeist unverständlich, dass parteiinterne Ränkespiele bis zum zehnten Beisitzer und bis zum zwanzigsten Listenplatz bei der Kommunalwahl gnadenlos und mit immer gleichen Argumenten und Anfeindungen ausgefochten werden. Parteipolitische Kampfgruppen, die regelmäßig aus purer Taktik klatschen, grölen oder ihren Unmut kundtun, sorgen hier für eine Stimmung, die selbst bei manch altem Hasen zu Resignation führt.
Solches Verhalten lässt sich aber nicht in Gänze vermeiden. Aber man kann es eingrenzen und auf ein notwendiges Minimum reduzieren. Jetzt stellt sich nur die Frage: Wie?
Schritt 1: Reduzierung der parteiinternen Ämter
In jedem Vorstand auf den unterschiedlichen Ebenen (Ortsverband, Kreisverband, Bezirksverband, Landesverband und Bundesverband) werden nur noch maximal 4 Ämter gewählt. Diese sind der Vorsitzende und maximal 3 Stellvertreter.
Schritt 2: Zweitstimme bei Vorstandswahlen
Mit dieser Zweitstimme werden folgende Ämter abgedeckt: Schatzmeister, Schriftführer, ggf. Geschäftsführer und eine vorher benannte Zahl an Beisitzern. In diesem Wahlgang stellen sich Parteigruppen zur Wahl, die sich vorher benannt haben und nun in einem einfachen Verfahren um so viele Stimmen wie möglich werben. Die Gruppen entsenden dann, entsprechend dem Wahlergebnis der „Zweitstimme“, eine definierte Anzahl an Mitgliedern ihrer Gruppe in den Vorstand. Diese werden formal vom gewählten Vorstand kooptiert und sind damit stimmberechtigt.
Dazu ein einfaches Beispiel:
Im Vorstand des Kreisverbandes K sollen neben dem Vorsitzenden und den 3 Stellvertretern folgende Ämter besetzt werden. Ein Schatzmeister, ein Schriftführer und 8 weitere Besitzer. Im Verband K treten zur „Zweitstimmenwahl“ drei Gruppen an (X, Y & Z). Im Wahlgang bekommt die Gruppe X 50%, die Gruppe Y 30% und die Gruppe Z 20% der Stimmen entsprechend, werden von diesen Gruppen 5 (X), 3(Y) und 2(Z) Mitglieder in den Vorstand entsandt. Dieser Vorstand wählt dann intern den Schatzmeister, den Schriftführer und ggf. einen Geschäftsführer.
Was ist der Effekt dieses Verfahrens?
Die Gruppen, die sich meist vor einer Wahl zusammenfinden und interne Listen entwickeln, können mit diesen dann transparent antreten und sich dem Votum der Mitglieder stellen. Die tatsächliche Anzahl der Wahlgänge wird bei einer Mitgliederversammlung damit auf 5 reduziert. Die Machtverhältnisse werden aber sehr realitätsnah abgebildet. Und dann wäre tatsächlich noch etwas Zeit für inhaltliche Diskussionen.
Vielleicht lässt sich durch so eine Änderung der eine oder andere Interessierte für eine Partei gewinnen, der sich sonst wegen der flachen Strukturen mangels Alternativen für eine Bürgerinitiative entschieden hätte. Denn der Appell an alle Parteien muss lauten:
Weniger internes Gezeter und mehr dafür mehr reale Themen.
Oder anders:
Weniger Ämter – mehr Aktive!
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