Es wird gerade mal wieder sehr grundsätzlich und bestimmt steht die gesamte Identität der Union auf dem Spiel. Kurz: Es ist ernst. Aber warum? 13 Abgeordnete der Fraktion im Deutschen Bundestag haben sich zusammengeschlossen und fordern mehr Gleichberechtigung für homosexuelle Lebenspartnerschaften. Also die eingetragenen. Wieso machen die das? Weil es des Bundesverfassungsgericht bereits mehr als einmal gefordert hat… Doch das ist nur ein objektiver Grund. Es gibt viele gute andere.
Jetzt – und spätestens jetzt – springt eine ganze Reihe von Unionisten vom sommerlichen Liegestuhl auf, fordert Klärung von der Parteispitze und sieht das große Finale konservativen Politglaubens aufziehen. Und nicht nur die. Auch die versammelte Linke, die den „wilden 13“ vordergründig Beifall spendet, freut sich insgeheim, weil sie meint, nun lösen sich alle rechts von uns endgültig auf und die Welt wird endlich wunderschön, weil diese von da drüben uns nicht mehr stören.
Sie irren sich. Alle. Der unsichere Unionist, weil er (oder sie) immer noch nicht Vehikel und Wert unterscheidet und die versammelte Linke, weil sie noch nicht begriffen hat, dass sich Positionen selbstverständlich ändern, Grundauffassungen aber weiterhin bestehen. Und diese sind und bleiben sehr different.
Ein schlauer Mensch (ich weiß nicht mehr wer) hat einmal sinngemäß gesagt: Konservativ sein, heißt nicht, Bewahrer des ewig gestrigen sondern des ewig gültigen zu sein. Darüber kann man sicher vortrefflich streiten, ein richtiger Kern liegt aber darin. Dass Wehrpflicht, Atomkraft, die Hauptschule oder das Ehegattensplitting ewig gültig wären, sind vielleicht politische Positionen, ideelle Werte sind es sicher nicht.
Thomas de Maizière hat in seiner Rede beim CDU-Parteitag im Herbst 2011 in Leipzig wichtiges dazu gesagt:
„Hören wir auf damit, nur aus der Sehnsucht nach der Vergangenheit zu leben! Es gibt keinen Weg zurück in die Vergangenheit.“
(Quelle: CIVIS mit SONDE 2/2011 als PDF)
Recht hatte er!
Konservativ sein bedeutet für mich, dass Menschen für einander Verantwortung übernehmen. Nicht wegen der winkenden Steuerersparnisse oder weil die Gemeinschaft – der Staat – es Ihnen vorschreibt, sondern weil sie es wollen. Wie dieses Konstrukt heißt, ist mir dabei völlig egal. Konservativ ist für mich auch freiwilliges Engagement. Menschen, die sich zusammenschließen, um andere zu unterstützen oder ein gemeinschaftliches Ziel zu erreichen, ohne das vom finanziellen Einsatz des Staates abhängig zu machen.
Konservativ ist für mich auch ein Weltbild, das Eigenverantwortung in den Vordergrund stellt und den einzelnen nicht pauschal als unmündig herabwürdigt. Das gilt auch für die Wirtschaft. Ich mache zum Beispiel ein großes Fragezeichen an Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell nicht an marktwirtschaftlichen Grundprinzipien orientieren, sondern ihr Handeln stur an öffentlichen Subventionen orientieren.
Das klingt alles etwas diffus, aber leider ist unsere Welt nicht mehr so simpel wie vielleicht noch vor 20 Jahren. „Rotland“ und „Blauland“ gibt es nicht mehr, die Abgrenzung zu anderen politischen Meinungen wird immer themenspezifischer und der parteipolitisch ungebundene Bürger will sich nicht mehr auf Lebenszeit binden.
Wir können uns gern noch eine Weile davor drücken, uns vollständig zu erklären, indem wir unsere Werte hinter Vehikeln verstecken und dann nervös werden, wenn sich das Vehikel ideologisch verselbstständigt hat. Oder wir sagen endlich auch vor den Türen der Parteien, dass es doch alles etwas komplizierter ist. Je früher wir beginnen, desto mehr Zeit haben wir zum Erklären. Auch das ist banal. Aber wahr.