Als sich unsere politischen Eltern zerstritten, wurden wir gerade geboren. Rund 30 Jahre ist es her, dass bürgerliche Aktivisten begannen, bei den Grünen als Realos Politik zu gestalten. Sie schlossen sich mit linken Alt-68ern zusammen, weil sie gemeinsame Ziele hatten. Den Schutz der Umwelt und einen humanitären Pazifismus. Ihre Werte blieben christlich-bürgerlich. Aber ihre Farbe wurde grün. Heute können wir die Familie wieder zusammenführen.
Die Bundestagswahl vom 22. September 2013 hat uns alle ein Stückweit ratlos gelassen. Schwarz-Gelb gibt es nicht mehr, denn die FDP ist knapp an der 5%-Hürde gescheitert. Ebenso knapp scheiterte die AfD. Die Union ist wieder zur 40%-plus Partei geworden, hat aber keinen geborenen Koalitionspartner mehr.
Auf der anderen Seite des politischen Spektrums sieht es nicht wirklich besser aus. Die SPD bleibt weit unter ihren Erwartungen und verkeilt sich mit den erreichten 25,7% im zersplitterten linken Lager, in dem auch noch die Grünen (mit 8,4%) und die Linken (mit 8,6%) herumgeistern. Natürlich hätte dieses ungewollte Dreierbündnis eine linke Mehrheit im Parlament. Real ist sie aber nicht.
Tatsächlich steht dieser Option eine gesellschaftliche Mehrheit aus Unionisten, Liberalen und AfD-Wählern gegenüber, die nicht wegzureden geht. Denn diese 3 Parteien kommen in Summe beim amtlichen Endergebnis vom Wahlsonntag auf stattliche 51% der Stimmen, während das linke Lager – selbst bei wohlwollender Hinzurechnung der Piraten – 44,9% der Stimmen erreicht. Wer das Nachrechnen möchte, sei an wahlrecht.de verwiesen.
Es ist also mitnichten der Fall, dass wir in Deutschland eigentlich von einer linken Mehrheit dominiert werden, die ob Ihrer Zersplitterung „leider“ nur nicht regierungsfähig ist. Die bundesdeutsche Mehrheit ist im weitesten Sinne bürgerlich und auch ein nicht zu verachtender Teil der Grünen gehört faktisch zu diesem Teil des politischen Spektrums.
Schauen wir uns doch einmal die Wahlergebnisse der Grünen in den letzten Jahren an. Erfolgreich war, wer bürgerliche Werte vertreten hat. Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg ist das herausragende Beispiel. Nicht erfolgreich war, wer links der SPD versuchte auf Stimmenfang zu gehen. Beispiel hier ist zweifelsohne Renate Künast in Berlin.
Wer aber kann nun am besten Miteinander, sollten schwarze und grüne sich zusammen an einen Tisch setzen? Interessanterweise lässt es sich nicht auf einzelne Generationen in beiden Parteien reduzieren. Es sind nicht ausnahmslos die jungen urbanen Unionisten, die auf die Grünen zugehen wollen. Es gibt auch die sozial-liberalen Älteren sowie die junge stabile Generation aus westdeutschen CDU-Hochburgen, die sich von schwarz-grün einen Aufbruch zu neuen Möglichkeiten versprechen. Gute Beispiel hierfür sind Martin Patzelt und Jens Spahn, wenn dieser auf sein Herz hört.
Bei den Grünen ist die Gemengelage ähnlich zersplittert. Während sich junge urbane Grüne wie Sven Kindler lieber an die Oppositionsbank ketten würden, ehe sie mit der Union überhaupt ein Wort wechseln, sehen Grüne jeden Alters, die sich einer ökologischen Wirtschaftspolitik verschreiben haben, bei der Union mehr realistische Möglichkeiten als mit den staatsliebenden Wirtschaftslenkern bei der SPD.
Selbst Landwirte von CDU/CSU und den Grünen können sich wahrscheinlich sehr schnell einigen, wenn die ideologischen Argumente beiseitegelassen würden und nüchtern über nachhaltige Agrarpolitik geredet wird.
Natürliche gäbe es zwischen Schwarz und Grün im Falle einer Koalition Reibereien. So ist das nunmal in einer Familie. Doch diese wären von Anfang an im Rahmen des Erwartbaren. Bei aller Sympathie auch von meiner Seite, käme ich im Traum nicht darauf, von einer „Liebesheirat“ zu sprechen. Aber eine schwarz-grüne Koalition könnte ein Aufbruch sein. Eine Chance für unser Land und eine Chance für die Demokratie. Denn durch das Aufsprengen der festgefahrenen politischen Lager können wir den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass Politik nicht nur das Land sondern auch sich selbst verändern kann.
In diesem Sinne: Lasst es uns wagen! Wir sind doch eine Familie.
Ahso, mit Pharma-Spahn solls gehen. Keine weiteren Fragen, euer Ehren.
Ich finde auch, daß nach dem – sehr positiv empfundenen – Abgang der Altlinken bei den Grünen eine Chance zu einer zweckorientierten Partnerschaft besteht, in deren Verlauf man dann die sich in den von Dir geschilderten Punkten bestehende Werteübereinstimmung bewußt machen sollte. Wir brauchen kein „Projekt“, sondern eine engagierte Parlamentsmehrheit und Regierung. Die SPD ist im Moment noch viel zu neurotisch und braucht eine Phase der Selbstbefragung und -reinigung.