Schlagwort-Archiv: kritikkultur

Wechseljahre der deutschen Parteien

Der politische interessierte Netzbürger schrammt dieser Tag immer wieder an einer Aussage vorbei: Das ist sozialdemokratisch! Initiiert wurde dieses durchaus ergebnisorientierte Projekt von Mathias Richel und Dennis Morhardt.

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Das Problem mit CCS

Man kann Kohlendioxid aus den Abgasen großer Industrieanlagen wie etwa Kohlekraftwerken mittlerweile abscheiden. Das heißt, es wird aufgefangen, gelangt somit nicht mehr unkontrolliert in die Luft und kann gespeichert werden. Dieses Verfahren wird mit CCS beschrieben. Das ist erst einmal eine tolle Sache und – wie ich finde – großartige technische Entwicklung.

Doch nun kommt das Problem. Wohin mit dem abgezweigten Kohlendioxid, das man jetzt Fässerweise lagern könnte? Verpressen im Erdreich? Also irgendwo – ACHTUNG REIZWORT – endlagern? Weiterlesen

Parteien: Weniger Ämter – mehr Aktive (PiN)

Dass sich die Parteien in Deutschland grundlegend ändern müssen, um ihren grundlegenden Bedeutungsverlust abzuwenden, ist keine Neuigkeit. Wie man da aber hingelangt, ist eine bislang unbeantwortete Frage. Die SPD versucht es gerade mit einer Revolution von oben und startet eine Parteireform. Dass solcher Aktionismus nicht zwangsläufig zum Erfolg führt, zeigen die letzten innerparteilichen Reformversuche.

Wir wollen also etwas ändern. Ok. Aber was? Dazu müssen erst einmal einige Probleme aufgezeigt werden, die es zu lösen gibt. Weiterlesen

Politik im Netz – Versäumen lernen

Bevor sich gleich wieder jemand aufregt und das böse P-wort ruft, das sich auf „rabiat“ reimt sei hier ganz offen verkündet: Der Titel „Versäumen lernen“ stammt von Sascha Lobo aus seiner SPON-Kolumne vom 26. Januar. Jedenfalls habe ich es von dort.

Wichtiger ist aber die dahinter liegende Aussage und die Verbindung zum Thema „Politik im Netz“ (was ich ab sofort rotzfrech einfach „PiN“ nenne). Natürlich gilt, wie Lobo sinngemäß meint, zuvorderst für den Medienkonsum, dass ein entspannter Umgang mit der permanenten Beschleunigung darin besteht, auch mal etwas auszulassen, nicht zu lesen oder bewusst zu ignorieren. Sich einzugestehen, dass man nicht alles wissen kann, ist streng genommen sogar ziemlich revolutionär. An anderer Stelle hab ich mich dazu mal ausgelassen. Anlass war lustigerweise auch ein Artikel von Saschao Lobo. Einen entspannten Umgang mit dem breiten braucht man auch bei der PiN.

Um sich politisch zu engagieren, sich kontrovers einzubringen, muss man nicht auf jeder thematischen Hochzeit tanzen. Man muss nicht in jedem Bürgerdialog aktiv sein und braucht auch keine Textwüste an Pseudoreputation, um mitdisktieren zu können.

Es gilt viel mehr: Du hast ne Meinung? Her damit! Mitmachen!

Schreibt Blogs, verlinkt euch mit den gegenerischen Thesen, zeigt dem anderen, dass ihr da seid und beglückwünscht euch nicht unter eures Gleichen, dass ihr Recht habt. Denn wir sollten nicht nur übereinander reden, wie die Grafik zeigt, die Mathias Richel zu seinem Aufschlag gereizt hat, sondern es geht darum, miteinander in verbale und inhaltliche Konflikte zu geraten. Wäre doch schade, wenn wir uns immer nur bei FB-Gruppen treffen, die über 100.000 Fans haben und dann wieder im nächsten Bundestagswahlkampf.

Politik im Netz – Ein nächster Schritt

Da wollte Mathias Richel heute die mehr oder minder Konservativen anregen, über Politik im Netz zu diskutieren und umarmt verbal glatt die Falschen. Nämlich den mittlerweile ziemlich versprengten ProGuttenberg-Hühnerhaufen, weil er meint hier konservative Werte und sogar netzpolitisches Potential auszumachen.Vielleicht keine Bewegung zwar aber zumindest ein schöner Hype.

Frei nach der Rechnung: Aktivität + Meinung = Diskussion.

Und das noch bei Facebook. Also haben wir hier doch die online-affine und politisch interessierte Truppe, die das Internet bislang nur als Ersatz zur täglichen Zeitung, Instrument zur Wettervorhersage oder Endlosarchiv für Bilder aus dem Schützenverein missverstand. Oder etwa nicht? Lange genug wurde ja nach diesen Konservativen gesucht.

Leider war das aber ein irgendwie zweifelhafter „gefällt-mir-Mob“, mit dem kaum etwas anzufangen ist und bei dem sich wieder einmal verdeutlichte, dass ein erhobener Daumen und der damit verbundene schnelle Klick noch lange keine Mobilisierung ist. Es reicht scheinbar nicht mal für eine anständige Demo im bürgerbewegten Leipzig. Die Kritik kam auch direkt in den Blog-Kommentaren.

Eigentlich geht es Mathias Richel aber in einem fast schon heroischen Akt der überparteilich ausgestreckten Hand viel mehr um das Thema Netzpolitik. Und irgendwie auch wieder gerade darum nicht. Denn dieser Begriff  „Netzpolitik“ ist irgendwie ziemlich verbrannt, mytisiert und vom Platzhirschen @netzpolitik überfrachtet und in eine Metaebene der Unerreichbarkeit geschossen. Es ist immer wieder erhellend, was netzpolitik.org über sich selbst schreibt.

Deshalb sollten wir eigentlich eher von Online-Politik reden. Und ich denke, das meint Mathias im Grunde auch. Nämlich so: Bringt die Politik ins Netz und streitet online darüber. Denn hier seid ihr frei, dass so zu machen, wie ihr wollt.

Thema? Egal! Her damit und mitgemacht:

  • Ist die Aussetzung der Wehrpflicht in Laufschuhen Fluch oder Segen?
  • Brauchen solche Veränderungen nicht viel mehr Zeit?

Das wäre mal ein schöner thematischer Einstieg. Keine Kampagnen – ja Mathias, Twitter still halten – keine Fanseiten, nur ganz einfach eine (möglichst) sachliche und inhaltliche Diskussion. Weg von der Aufregung, hin zum Thema. Schon mit Enthusiasmus aber gern mit etwas weniger Adrenalin.

Es ist wieder mal Zeit für ein bischen Idealismus. Der nächste Bundestagswahlkampf kommt früh genug.

„Verstehen Sie?“ Die Nicht-Interviews mit Klaus Kinski.

Dass Klaus Kinski ein großer Egomane war, ist kein Geheimnis. Auch nicht, dass er seinen Gegenüber (egal wen) weder akzeptierte noch aussprechen ließ. Eine seiner Lieblingsfloskeln – einen fragenden Moderator entgegnend – war immer wieder: Was meinen Sie denn damit?

Heute sind wir in der wunderbaren Lage, all das unkommentiert und ungeschnitten auf DVD nachsehen zu können. Inklusive qualmender Zigaretten, der Zusammenscheißung des jeweiligen Publikums und verschiedener Moderatoren, die im Moment des Auftritts von Kinski die Kontrolle über ihre Sendung abgaben.

Das ist ganz großer Doku-Kino.

Doch warum die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien dieses zeithistorische Dokument für Kinder ab 6 Jahren freigibt, bleibt ihr Geheimnis. Zu Klaus Kinskis Lebzeiten hat diese BPjM noch DIE ÄRZTE auf den Index verbannt.

Nun ja, die Zeiten ändern sich. Manchmal zum Guten.

Hier noch ein Ausschnitt aus dem Interview bei Je später der Abend von 1977. Schön auch, wie Manfred Krug nichtssagend und rauchend daneben sitzt.

Die DVD gibt es in jedem gut sortierten DVD-Laden oder natürlich online.

Was ist Netzpolitik?

Es ist ein spannendes Thema aber auch vermintes Gebiet. Denn die Frage: „Was ist Netzpolitik?“ hat das Potential, mit genervtem Kopfschütteln quittiert zu werden oder aber ein Feuerwerk an Antworten abzubekommen. Googelt man die Frage, gibt es erstaunlich wenige Suchergebnisse. Und egal wie man „Netzpolitik“ definiert, Einigkeit wird vermutlich darüber herrschen, dass sich diese genau wir ihr Medium ständig verändert.

Wo sind wir also heute? Ist Netzpolitik das, was Markus Beckedahl und seine Mitstreiter bei netzpolitik.org betreiben? Oder ist es vielmehr das, was ein gutes Dutzend Netzaktivisten zurzeit sehr perfektionieren? Das Parforceritt von einer Dialog-Veranstaltung zur nächsten, die Teilnahme an Konsultationen, Kommissionen und Foren. Einige wissen wahrscheinlich gar nicht mehr, ob sie heute oder morgen ins BMI müssen, zum BMFSFJ eingeladen sind oder im BMELV über Schreibwaren diskutieren können. Es ist wahrscheinlich gerade sogar ziemlich anstrengend, Netzbürger zu sein. Lobbyist der Comunity, Fürsprecher der digitalen Freiheit oder sogar Vorsitzender des Verbandes der Computerspieler.

Ich denke, für den Begriff „Netzpolitik“ gibt es gerade zwei Bedeutungsströmungen. Die erste ist dem klassischen Lobbyismus wahrscheinlich näher als es ihren Vertretern lieb ist. Es geht um die Philosophie des Netzes. Netzneutralität, Open Data, Open Source, Open Gov und andere idealtypische Umgangsweisen mit Informationen, Daten und Verbindungen. Es geht in einer gewissen Art um eine reine Lehre. Nämlich die, dass die Grundidee des Internets sehr freiheitlich ist. Wenige Regeln, viel Eigenverantwortung und ein kulturelles Element.

Die zweite Bedeutung von „Netzpolitik“ geht meines Erachtens davon aus, dass sich die Politik im Netz eine neue kommunikative Grundlage gibt. Alle Themen und Bereiche können netzpolitisch diskutiert werden. Partizipation ist das Zauberwort. Parteien gibt es hier nicht. Nur Themen, Meinungen, Meinungsbildung und digitale Mehrheiten. Beispiele dafür sind die Kampagne für Joachim Gauck, in der aus den Schnellschüssen einiger engagierter Politinteressierter eine Bewegung im Netz wurde, und die mittlerweile so genannten Twitter-Revolutionen in manchen autoritären Staaten.

Mit einer Flasche Rotwein und einigen Netzaktivisten am Tisch oder auf der Timeline würde man wahrscheinlich noch viele andere Bedeutungen ausfindig machen, doch hier soll ja nichts vollständig sein. Vielleicht entspinnt sich in nicht allzu ferner Zukunft eine Diskussion zu diesem Thema. Ein Ergebnis könnte dann sein, dass der Begriff „Netzpolitik“ zumindest etwas bewusster genutzt würde.

Vielleicht ist aber auch das netz politik bier berlin heute schon zu neuen Erkenntnissen gelangt. Das erfährt man am schnellsten mit dem Hashtag #npbb