Wenn ein zum Verleger und Mehr-Sonne-Aktivisten mutierter Hausbesetzer mit einem Nach-Wende-Oligarchen erst eine Partei und dann ein ganzes Rathaus übernehmen will, wähnt man sich in einem späten Werner-Herzog-Film und erwartet sekündlich den Auftritt des tobenden Klaus Kinski. Doch weit gefehlt. Der erste und sehr gelungene Roman von Christian Bangel mit Namen „Oder Florida“ spielt in Frankfurt an der Oder und kommt fast ohne extrovertierte Narzissten aus.
Christian Bangel, Jahrgang 1979, aufgewachsen in der Oderstadt und Journalist bei ZEITonline in Berlin, zeichnet mit seinem Roman ein ehrliches Bild Frankfurts in den späten 90er Jahren. Jedenfalls aus der Perspektive seines Protagonisten. Mathias Freier, von allen – außer seiner Mutter – nur Freier genannt, hat sein Abi in der Tasche und mit seinem Kumpel Fliege in einem günstigen Moment und mit einer gehörigen Portion Kreativität ein regelmäßig erscheinendes Magazin namens „0335“ gegründet. Kreativ, weil Fliege es irgendwie geschafft hat, das Bundesamt für den Zivildienst davon zu überzeugen, dass auch das Herausgeben eines Jugendmagazins ein geeigneter Wehrersatzdienst sein könnte.